Gegen die Hoffnungslosigkeit

Mein Praktikum im Chateau d’Orion im Mai und Juni war eine sehr besondere Zeit, von der mir vieles, was ich gelernt habe, erst mit etwas Abstand bewusst wird.

Die sehr intime und persönliche Ausgangslage, das enge Zusammenleben mit Elke und Tobias, der sogenannten Schlossfamilie (den tollen Menschen, die im Haus mitarbeiten und zwei herumtigernde Katzen), den Referenten und den Gästen macht es einem manchmal

schwierig ist, sich zurückzuziehen. Umso schöner ist das Gefühl Teil einer Gemeinschaft zu

werden.

Ich habe viel über Zusammenleben gelernt, über Achtsamkeit und Engagement, über Pflanzen und Landwirtschaft, über die französische Geschichte, die viele Schattenplätze in sich trägt und über die gegenwärtige Politik in Frankreich.

Für mich ist das Thema Zugänglichkeit ein großes Thema, das mich auch in meiner Arbeit am

Theater immer wieder beschäftigt.

Wie könnte die Zukunft des kulturellen Zentrums im Château d‘Orion aussehen, welche Themen sind für die Gesellschaft relevant, wie ist es möglich junge Menschen und Menschen aus anderen Kreisen an diesen Ort zu bringen und ihnen Zugang zu diesen Ressourcen zu geben? Das Château ist voller Magie und strotzt von Potential, es wäre so toll dieses weiter hinein in die Welt und auch an Ecken zu tragen, die von so etwas noch nie gehört haben.

 

Neben der fantastischen Landschaft, der Schönheit dieses Ortes und dem wunderbaren Essen

sind mir vor allem die Begegnungen und Gespräche mit vielen sehr unterschiedlichen

Menschen, auf die ich sonst wahrscheinlich nicht so getroffen wäre, in Erinnerung geblieben.

Egal ob Philosophie Professor aus dem Rheinland, Theatermacherin aus Stuttgart, junge

Briten aus dem Finanzwesen in London, Betreiberin eines Gästehauses aus Wien,

französischer Koch, niederländische Pilger oder Julia und Tifenn meine lieben Mitpraktikantinnen – mit all diesen Menschen kam ich früher oder später auf das Thema Zukunft und Demokratie zu sprechen.

Miteinander zu reden, auch wenn man sich im ersten Moment fremd erscheint, sich zuzuhören, auch wenn man in seiner Meinung gefestigt scheint, wir müssen alle lernen, dass wir nicht die Augen verschließen können, wenn wir an das Miteinander in unserer Gesellschaft glauben.

Die Europa-Wahlen ließen uns alle bitter aufstoßen, die Medien spucken Tag für Tag

Informationen und schmerzvolle Neuigkeiten aus, die natürlich auch nach Orion

überschwappen. Keine Person, die im Château lebt, ob nur auf Zeit oder für länger, lassen die Geschehnisse, die in der Welt passieren und die die Freiheit jedes einzelnen gefährden, kalt. Eines ist dieser Ort in jeden Fall: Ein Ort des Zusammentreffens. Die Frage ist nur, wie man das Tor zu ihm öffnen kann und wie man das Konzept „Château d’Orion“ größer denken kann.

Hierzu haben Julia und ich viel gebrainstormt. Wir haben über die Jugend und die Popkultur nachgedacht, über das Spektrum von Tiktok hin zum gemeinsamen Tanzen und Musik machen, über die Personen in der Politik und die Personen im Château, über unseren Ausflug zur Gedenkstätte des Lager Gurs, über das Verbindende des gemeinsam Essens und was das alles mit unserer Zukunft zu tun hat.

 

Auch wenn ein konkretes Projekt, das sich hiermit beschäftigt, noch in den Sternen steht, der Wille und der Austausch strebt gegen die Hoffnungslosigkeit.

Und diese Motivation, der Glaube daran, dass man etwas verändern kann, wenn man sich zusammenschließt und einen Ort zum Denken hat, trage ich aus Orion mit in mein schnelllebiges Leben in Berlin.

Clara Schiltenwolf

Tobias Premauer